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Die armenische Frau und das 20. Jahrhundert: Ida Kar. Online Ausstellung

29/06/2020 @ 12:00 - 01/07/2020 @ 18:00

Ida Kar (1908-1974), Photographin

  

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Ida Kar wurde 1908 in der Familie von Anahit und Melkon Karamjan in der Stadt Tambow, Russland geboren. Als das Mädchen 8 Jahre alt war, zog die Familie zunächst in den Iran, dann nach Ägypten. In Alexandria ging Ida in ein französisches College, was ihr später die Türen nach Europa öffnete. Auf Rat ihres Vaters fuhr sie nach Paris, um dort Medizin zu studieren.

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Es ist schwer vorstellbar, was für ein Arzt aus Ida geworden wäre, aus einem Menschen, mit einer so romantischen und zarten inneren Welt, dessen Auge viel mehr auffing, als zu sehen möglich war. In Paris wurde ihr klar, dass sie sich nicht mit Medizin befassen wollte und brach somit ihr Studium ab. Sie nahm zunächst Gesangunterricht, dann kam noch Geigenunterricht dazu. Man sagt, Ida war musikalisch äußerst begabt.

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, Europa, Paris, Avantgarde… Wie viele anderen, die ihre Freiheit in der Kunst und Literatur suchten, wuchs auch bei Ida Kar das Interesse für Politik. Natürlich setzte sie sich für die Ideen der Revolution ein, die zur Erweiterung der Freiheit, für das Neue und Frische beitragen sollten. Ida wurde sogar zu einer Aktivistin der Kubaner Bewegung. Übrigens, als Fidel Castro in Kuba an die Macht kam, reiste Ida nicht nur dahin, sondern machte auch Aufnahmen von ihm.

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Und wie wurde die Photographie zum Lebenswerk und Stil von Ida Kar? Bei einem der vielen Spaziergänge durch Paris entdeckte sie ein Photoatelier. Sie blieb davor stehen und sah hinein. Der Besitzer des Ateliers wurde auf die junge Frau aufmerksam. Er dachte, sie suche eine Arbeit und teilte ihr mit, dass er einen Gehilfen brauche und ob sie nicht diese Stelle haben möchte. Ohne lange zu überlegen willigte Ida ein, aber unter einer Bedingung: in der Freizeit durfte sie die Apparate benutzen und mit ihnen umzugehen lernen. Somit begann das lebenslange „Liebesverhältnis“ von Ida und der Photographie.

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Ida Kar lernte ihren ersten Mann, Edmond Belali, kennen, der damals ein bekannter Photograph ägyptischer Herkunft war. Sie zogen zusammen nach Ägypten und gründeten in Kairo ihr gemeinsames Photoatelier. Allerdings dauerte diese Ehe nicht lange.

Aber Ida blieb nicht allzu lange ohne Liebe. Mit ihrem zweiten Mann, Victor Musgrave, hat sie sich in London niedergelassen. Und hier beginnt der Berufsweg der „Photographin der Boheme“.

Keinem der damaligen Prominenten gelang es, Idas Kamera zu entkommen: Schriftsteller Somerset Maugham, Jean Paul Sartre, Eugen Ionesco, Thomas Eliot, der Künstler der Avantgarde Marc Chagall, der italienische Futurist Gino Severini, der weltberühmte Bildhauer Henry Moore, der Komponist Dmitri Schostakowitsch und viele andere. 1960 wurde in einer der größten Galerien von London die Einzelausstellung von Ida Kar eröffnet, womit sie zur ersten Photographin in Großbritannien wurde, die eine so große individuelle Ausstellung zu Stande brachte.

 

Künstler Man Ray und sein Bild „Mademoiselle H“, Photo von Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Laura del Rivo, Portrait von Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Ida gehörte zu den wenigen westlichen Photographen, denen die Einreise in die Sowjetunion erlaubt war, sie durfte dort sogar arbeiten. Ida reiste zweimal nach Armenien, 1957 und 1962. Auch hier machte sie Aufnahmen von berühmten Armeniern, wie Martiros Sarjan, Awetik Isahakjan, Architekt Grigor Aghababjan, Schachspieler Tigran Petrosjan.

Schriftsteller Avetik Isahakyan, Portrait von Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

  

Architekt Grigor Aghababyan, von Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Bildhauer Ara Sargsyan, von Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Im Vaterland waren es nicht nur berühmte, sondern auch ganz einfache Menschen in ihrem normalen Alltag. Ida sprach gut Armenisch und Russisch, dementsprechend fiel es ihr im Vergleich zu ihren westlichen Kollegen viel leichter, sich mit einfachen Menschen auszutauschen, sie durch ihre Offenheit und Aufrichtigkeit zu gewinnen und dadurch den richtigen Moment aufzufangen. Manner beim Backgammon spielen,  Kinder die Wolle waschen, Bettler vor der Schwelle der Kirche. Die Photographien, die sie in Armenien gemacht hat, wurden in vielen internationalen Zeitschriften veröffentlicht. Ida Kar, die im Ausland geboren war und ihr ganzes Leben lang außerhalb ihres Vaterlandes gelebt hat, erzählte in ihren Interviews oft über Armenien und die Armenier. Einer von ihren Freunden erzählte einst, dass es bei Ida zuhause trotz der schwierigen (finanziellen) Lage immer armenische Auberginenpaste gegeben hat.

  

Der geschlossene Markt von Jerewan, Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Der Leninplatz in Jerewan, Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Ein Jerewaner Hof, Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Jerewaner Kinder, Ida Kar. © National Portrait Gallery, London

Ida Kar lebte bis zu ihrem Lebensende, 1974 in London. Heute werden ihre Photographien im Porträtmuseum von London bewahrt, wo vor einigen Jahren die Ausstellung „Ida Kar: die Photographin der Boheme“ mit zahlreichen Werken eröffnet wurde.

Idas Werke hatten so einen großen Einfluss auf die Kunstkritiker ausgeübt, dass viele von ihnen der Meinung sind, dass die Photographie zum Teil auch Dank Idas Art und Weise, ihre einzigartige Fähigkeit, die Welt und die Menschen durch die Photographie zu präsentieren, zu einem einzelnen Zweig in der schönen Kunst geworden ist.

  

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Ida Kar, Selbstporträt. © National Portrait Gallery, London

Artikel von Adrine Torosyan

Details

Beginn:
29/06/2020 @ 12:00
Ende:
01/07/2020 @ 18:00

Veranstalter

Goethe-Zentrum Eriwan
KIN International Womens Filmfestival