Feminism Corporeal: Frauen nicht nur im März und nicht nur privat…

Eigentlich sind Ausstellungen, Blumen und andere Aktivitäten um den 8. März herum auch so eine schöne Verpackung der Realität. Frauen machen viel mehr, als dass man es nur im März wie eine Fahne des Feminismus hochhält. Frauen schaffen permanent draußen und drinnen zu hause. Sie schaffen Kunst, bringen Kids zur Schule, forschen in Labs, entwerfen und organisieren große Projekte, kochen mit der Rechten und schreiben aktivistische Tweets mit der Linken. Frauen sind überall Motoren der Gesellschaft, aber müssen, mit wenigen Ausnahmen, fast überall auf der Welt ihr Können beweisen,  dafür kämpfen und zweimal mehr dafür tun als die Männer, um anerkannt zu werden und öffentlich zu handeln!

Mit einer Ausstellung von 13 Künstlerinnen aus Armenien im Goethe-Zentrum Eriwan, sowie einigen begleitenden Gesprächen hoffen wir, eine Brücke zu schlagen zwischen Kunst, Aktivismus, Politik und Philosophie der Frauen…

Die Theoretiker waren und sind über Jahrhunderte in der Regel Männer: Locke, Rousseau, Kant, Adorno… Die erste Frau, die hier üblicherweise mit eingereiht wird, ist Hannah Arendt.

Hannah Arendt fand eine sehr klare Antwort auf eine der großen Frauen-Freiheitsfragen: Die, ob das Politische privat ist oder eben nicht. Hannah Arendt sprach sich strikt dagegen aus, was vielen Feministen der 68er-Bewegung missfiel. Man kann das aber eher als einen emanzipatorischen Akt sehen, um dem dezidiert weiblichen Blick auf Freiheit zu entkommen. Viele Frauen können sich eben das nicht leisten.

„In ihrem philosophischen Hauptwerk „Vita Activa“ (1958) geht sie von der athenischen Polis als Idealbild aus und unterscheidet drei Sphären. In der Sphäre des Privaten wird gearbeitet, um das nackte Leben zu erhalten: Essen wird produziert und zubereitet, Schmutz wird weggeräumt, Kinder werden großgezogen. Die Tätigkeiten, die Arendt dieser Sphäre zurechnet, decken sich weitgehend mit den Aufgaben einer Hausfrau. In der Sphäre des Gesellschaftlichen werden Gegenstände hergestellt. Kunstwerke, Möbel, Handelsgüter bilden eine Dingwelt. In dieser Sphäre kann berechnet, geplant und umgesetzt werden. Die Wirtschaft ist Teil dieser Sphäre, die in den englischen Ausgaben «das Soziale» genannt wird. Die dritte Sphäre, jene der Politik, ist der öffentliche Bereich, in dem Menschen handeln. Hier können keine genauen Pläne gemacht werden, weil Politik darin besteht, dass verschiedene Menschen ihre jeweiligen Ideen und Absichten einbringen und in der öffentlichen Debatte etwas Neues entwickeln. Hannah Arendt sieht in der Sphäre der Politik auch den einzig möglichen Raum der Freiheit.“

Mit ihrem Satz „Der Sinn von Politik ist Freiheit“ beharrte Hannah Arendt darauf, als Bürgerin das Ganze im Blick zu haben, die großen Fragen von Krieg und Frieden, Recht und Unrecht. 

Die Unfreiheit einer Gesellschaft lässt sich daran ablesen, wie unfrei ihre Frauen sind.

Wenn Frauen unfrei sind, sind es Männer auch. Wenn Frauen festgelegt, in eine Rolle gezwängt, begrenzt werden, werden es Männer auch, selbst wenn deren Rolle zunächst die komfortablere und meist ganz sicher machtvollere scheint.

​Ich wünsche uns im Sinne von Hannah Arendt, dass wir als Frauen mehr Courage für die großen Fragen haben und uns dafür starkmachen. Nur so scheint mir die Versöhnung, das gegenseitige Vergeben und gesunde Diplomatie auf der Welt möglich und das benötigen wir heute in der Welt am meisten!

Natia Mikeladse-Bachsoliani

  

Am 10. März wurde im Goethe-Zentrum die Ausstellung „Feminism Corporeal“ eröffnet.

Sie wird bis zum 5. April im Goethe-Zentrum zu sehen sein und wandert danach ins Gafesjian-Zentrum. Die Kuratorin der Ausstellung ist Susanna Gyulamiryan, in Zusammenarbeit mit der Fem-Library.